Neben der Lufthansa war ich letztes Jahr recht oft mit British Airways unterwegs: gerade bei Tagestrips nach London am Wochenende war BA preislich deutlich attraktiver als der Kranich. Und auch emotional bin ich BA durchaus verbunden; ging doch mein erster Flug alleine im zarten Alter von vierzehn mit British Airways nach London — das war am 8. August 2002. Obwohl Preis und Flugzeiten letztes Jahr super waren, habe ich die paar Bonusmeilen (oder Avios wie sie im BA Executive Club genannt werden) noch mitgenommen: es kostet ja nichts, sich die Meilen gutschreiben zu lassen. Und vielleicht springt dann irgendwann mal ein Freiflug oder ein Upgrade raus.
Im Januar 2015 kam dann eine E-Mail, dass sich die Bedingungen des Vielfliegerprogramms verändern. Auf meinen »üblichen« Flügen würde ich wohl viel weniger Avios als bisher gutgeschrieben bekommen und auch das Einlösen würde für unattraktiver werden. Bisher war nämlich (sinngemäß) der inner-britische Anschlussflug kostenlos dabei, wenn man einen Prämienflug nach London buchte. In irgendeinem Forum habe ich gelesen, dass das wohl das Ergebnis einer gewünschten Gleichbehandlung der Briten sein soll, die meist zwangsläufig über London fliegen müssen, wenn sie ins Ausland wollen. Angeblich wollte man Leuten, die nicht in London wohnen, dort nicht den Zubringer in Rechnung stellen. Tja, und da ich kein Brite bin, ist es für mich ja kein Zubringer, sondern ein weiterer Anschlussflug, für den ich sonst nochmal richtig Geld bezahlen müsste.
Zurück zu den Programmänderungen. Ab April würde ich also für etwaige zukünftige Flüge keine nennenswerten Punkte mehr bekommen und es gäbe auch weniger für mich attraktive Einlösemöglichkeiten — also habe ich mal nachgesehen, was ich denn jetzt noch für meine sensationellen 4046 Avios bekommen würde. Isle of Man, Edinburgh, Stornoway — einfach mal ein paar Ziele suchen, informieren, Verfügbarkeiten suchen (länger als ein langes Wochenende soll es dann doch nicht sein). Und dann habe ich es gefunden: Jersey.
Über London soll es im Mai auf die Kanalinsel gehen — für 5000 Avios plus 102€ Zuzahlung.
Da ich nicht genügend Avios hatte, musste ich die fehlenden tausend für 36€ kaufen.
Ein unverschämt hoher Preis, aber die gesamte Zahlung wären dann immer noch 138€.
Gegenüber rund 465€, welche die gleichen Flüge bei einer Probe-Anfrage sonst kosten würden,
immer noch ein gutes Verhältnis. Gerechnet habe ich allerdings anders: 130€ sind für mich ein
guter Preis für London, und für 8€ mehr nach Jersey — das muss man machen! Nach Jersey
wollte ich nämlich eh schon immer mal, denn Jersey ist besonders (dazu gleich noch mehr), aber
nicht weit genug oben auf der Bucket-List. Für 465€ würde ich woanders hin fliegen.
Was aber ist an Jersey besonders? Es ist die größte der Kanalinseln, die sonnenreichste der
britischen Inseln, wird vom Golfstrom angenehm warm gehalten — und ist gleichzeitig nicht
Teil des Vereinigten Königreichs beziehungsweise Großbritanniens, sondern untersteht als
Crown Dependency direkt der Krone. Die kleine Insel zwischen England und Frankreich
ist nicht mal Teil der Europäischen Union! Das sind eine Menge Superlative und Ausnahmen,
die diesen kleinen Ort interessant machen.
Transfer zwischen Heathrow und Gatwick
Einen Haken gab es bei der Flugbuchung: British Airways fliegt von München aus den
Flughafen Heathrow im Westen Londons an, Flüge nach Jersey starten aber in Gatwick im
Süden Londons. Für den Transfer vom einen Flughafen zum Anderen ist der Passagier
selbst verantwortlich (inklusive Gepäck). Ich habe ein bisschen recherchiert und
folgende Möglichkeiten gefunden, wobei es sicher noch weitere Alternativen gibt. Die Preise
sind ein ungefährer Richtwert, den ich im Rahmen meiner Suche zu jenem Zeitpunkt für Anfang
Mai 2015 gefunden habe:
Ich habe mich für die zweite Variante entschieden, primär aus zwei Gründen: Ich war nur mit leichtem Handgepäck unterwegs und ich wollte den Transfer auf dem Rückweg nutzen, um noch ein paar Stunden in London zu verbringen. Während mir der Heathrow Express zu teuer war, fand ich den Mehrpreis des Gatwick Express gegenüber den normalen Zügen gerechtfertigt. Mein Plan sah allerdings auch vor, bei Landung in Heathrow kurz online zu checken, ob es bei der U-Bahn oder dem Express Störungen gab. Wäre das der Fall gewesen, hätte ich noch vor Ort ein Ticket für den Bus kaufen können um auf die Autobahn auszuweichen. Aber ich hatte Glück: Da ich jedesmal nicht lange auf eine U-Bahn oder den Zug warten musste, war ich zwei Stunden nach der Landung in Heathrow bereits in Gatwick angekommen. Dort dann weiter in den nächsten Flieger für den kurzen Hüpfer nach Jersey, und schon ist man da! Für die gerademal tausend Kilometer Luftlinie zwischen München und Jersey ein nicht gerade einfacher Trip.
Von Munich Airport Germany |
Nach London Heathrow Airport United Kingdom |
||||
Datum 01.05.2015 07:25 Uhr |
Distanz 944 km |
Dauer 02 Std 10 Min |
|||
Fluglinie British Airways |
BA 947 | ||||
Economy Class | Sitzplatz 4A |
Airbus A320
|
Von London Gatwick Airport United Kingdom |
Nach Jersey Airport Jersey |
||||
Datum 01.05.2015 12:10 Uhr |
Distanz 259 km |
Dauer 01 Std 00 Min |
|||
Fluglinie British Airways |
BA 2772 | ||||
Economy Class | Sitzplatz 5A |
Airbus A319
|
Von Jersey Airport Jersey |
Nach London Gatwick Airport United Kingdom |
||||
Datum 03.05.2015 08:50 Uhr |
Distanz 259 km |
Dauer 00 Std 55 Min |
|||
Fluglinie British Airways |
BA 2769 | ||||
Economy Class | Sitzplatz 11F |
Boeing 737-400
|
Von London Heathrow Airport United Kingdom |
Nach Munich Airport Germany |
||||
Datum 03.05.2015 17:25 Uhr |
Distanz 944 km |
Dauer 01 Std 50 Min |
|||
Fluglinie British Airways |
BA 956 | ||||
Economy Class | Sitzplatz 8E |
Airbus A321
|
Am Flughafen angekommen, gleich in den wartenden Linienbus von Liberty Bus (libertybus.je) gestiegen und für zwei Pfund nach St. Helier gefahren. Apropos Pfund: Jersey hat eine eigene Währung, das Jersey-Pfund. Praktischerweise ist der Wechselkurs zum Britischen Pfund Sterling Eins-zu-Eins und Britisches Geld wurde bei mir überall akzeptiert. Allerdings bekommt man als Wechselgeld dann sehr wahrscheinlich Jersey-Banknoten und Münzen zurück, mit denen man außerhalb der Insel wenig anfangen kann. Daher etwas darauf achten, nicht mehr Jersey-Geld aus dem Wechselgeld mit sich herumzutragen, als man noch plant auszugeben.
Der zentrale Busbahnhof ist die Liberation Station in St. Helier, wo eigentlich alle Buslinien beginnen oder enden. Ich bin dort ausgestiegen und habe mir erstmal in der nähe mein lange vorbestelltes Miet-Fahrrad abgeholt. Hätte ich mit der Bestellung doch nur gewartet, bis ich einen absehbaren Wetterbericht habe, aber dazu gleich mehr. Immer noch mit Gepäck und jetzt zusätzlich noch einem Fahrrad beladen ging es nun zunächst in das nahe gelegene Bed & Breakfast, um abzuladen und kurz durchzuschnaufen.
Zuerst ging es mit dem Fahrrad los nach Süden Richtung Strand, und dann an der Küste entlang in den Osten der Insel. Bei Saint Clements folgte die Route dann nicht mehr der Küste, sondern bog nach Norden ins Inselinnere ab. Auf Jersey gibt es ein Netz aus sogenannten »Green Lanes«: Das sind kleine Feldwege und Straßen, auf denen Radfahrer, Wanderer und Reiter Vorfahrt haben. Falls dennoch mal ein Auto entgegenkommt, gebietet es dennoch die allgemeine Höflichkeit, am Rand zu warten, da die Straßen teilweise sehr eng sind und man sonst kaum aneinander vorbeikäme. Auch führen die Wege oft durch enge Kurven; Autos hupen hier gerne vor der Durchfahrt, um auf sich aufmerksam zu machen, da die Situationen oft sehr unübersichtlich sind.
Die Entfernungen sind auf Jersey alle nicht wirklich riesig, aber die Insel ist sehr hügelig und damit geht es auf den Straßen permanent auf- und ab, was schnell an die Kondition gehen kann. Dafür belohnt die Insel mit einer eindrucksvollen Landschaft, welche sich als einer Mischung aus Cornwall und Toskana beschreiben lässt: Sattes grün, bunte Blumen und Blüten und auch Palmen finden sich in diesem vom warmen Golfstrom geprägten Klima. Da Jersey neben seinem milden Klima auch ganz angenehme Steuergesetze zu bieten hat, findet sich hier neben zahlreichen Banken auch so mancher wohlhabender Mitbürger, um sich in einem mehr oder weniger bescheidenen Anwesen niederzulassen: In Münchner Slang würde man sagen, dass die Insel schon eher »geldig« ist.
Am nächsten Tag stand der Westen von St. Helier auf dem Programm; trotz strömendem
Regen und nicht gerade sommerlichen Temperaturen. Auf der Strandpromenade der
St. Aubin's Bay geht es ungefähr vier Kilometer lang Richtung Westen. Wenn einem ein
starker Wind die Seeluft entgegenbläst, sind es gefühlte zwanzig Kilometer. Ganz
im Westen der Bucht befindet sich eine Festung, die bei Ebbe trockenen Fußes erreichbar
ist; Jersey hat allgemein einen starken Tidenhub, das heißt der Wasserpegel schwankt
zwischen Ebbe und Flut erheblich.
Bergauf, bergab geht es quer über die Landzunge auf zur nächsten Bucht weiter westlich,
der Ouaisné Bay. Bei Ebbe zieht sich das Wasser richtig weit zurück, sodass es fast
aussieht wie im Wattenmeer. Folgt man der Küste mit dem Fahrrad, geht es irgendwann
nicht mehr weiter und die Straße wird ein Privatweg. Hier habe ich das Fahrrad dann
stehen gelassen und bin einem Wanderweg gefolgt, der zum gut versteckten Beauport
Beach führt; bei gutem Wetter ein echter Geheimtipp! Und bei schlechtem Wetter...
hat man den Strand zumindest für sich allein.
Da der Regen inzwischen anfing, die zweite Schicht Klamotten durchzuweichen, sollte dies der Umkehrpunkt werden. Allerdings ging es noch über einen Abstecher ins Portelet Common, eine wilde Fläche mit Sträuchern an der Steilküste.
Am Nachmittag war es dann an der Zeit, das Fahrrad wieder in St. Helier zurückzugeben. Allerdings bedeutet das noch nicht das Ende der Erkundungstour: Mit dem Bus Nummer 9 ging es für zwei Pfund bis an die Endstation Greve de Lecq im Nordwesten der Insel. Beginnend an der zentralen Liberation Bus Station fährt der Bus zunächst wieder an der St. Aubin's Bay entlang, passiert dann denn östlichen Teil des Flughafens und erreicht auch die Siedlungen St. Peter's Village und St. Ouen's Vilage.
Der Rückflug war am dritten Tag bereits am frühen Morgen, sodass in Jersey selbst nichts mehr auf dem Programm stand. Allerdings gab es in London auf dem Flughafentransfer diesmal mehr Zeit als auf der Hinreise, um kurz Pause zu machen, in Ruhe etwas zu Essen und noch ein paar Orte anzusehen. Leider waren jedoch sowohl der Flug nach London, als auch der zweite zurück nach München verspätet, was den Aufenthalt verkürzte und stressiger machte. Jedoch ließ sich endlich mal wieder die Sonne blicken und auch die Temperaturen machten diesen Nachmittag in London verglichen mit den nasskalten Erfahrungen der letzten Tage auf Jersey geradezu angenehm.